Epidemiologie und Differenzialdiagnose

Praxis-Depesche 3/2014

Zum Teil fulminant: nicht vorhersehbare Leberschäden durch Arzneien

Drei Gastroenterologen der Mayo Clinic, Rochester, die an der Mayo Medical School lehren, haben zusammen getragen, was man über idiosynkratische „DILI“ weiß. Diese „drug induced liver injuries“ sind, anders als intrinsische, z. B. durch Paracetamol, nicht vorhersagbar. Die Verfasser geben Tipps, wie man ihnen auf die Spur kommt.
Praxisfazit
Was tun bei Verdacht?
Bei V. a. DILI ist sorgfältig nach anderen Le-
berleiden zu suchen, besonders Virushepatitis
A, B, C und E, zudem nach alkoholbedingtem
Leberleiden, EBV- und CMV-Infektion, Auto-
immunhepatitis, Morbus Wilson (unter 40
Jahren), NAFLD, Alpha-1-Antitrypsinmangel,
Hämochromatose, Zöliakie, biliäre Obstruk-
tion, ischämische Hepatitis, Budd-Chiari-Syn-
drom, kongestive Hepatopathie, auch totale
parenterale Ernährung kann schuld sein.
Meist werden die Diagnose-Schritte gleichzei-
tig ausgeführt, besonders bei schwerer DILI
(Beurteilung der Exposition, Suche nach ande-
ren Leiden, Absetzen von Arznei oder Supple-
ment mit der höchsten DILI-Wahrscheinlich-
keit und Schweregrad-Bestimmung). Bei Bili-
rubin über 2 mg/dl muss der Patient sofort in
die Hepatologie-Abteilung. Hepatologen
braucht er gleich bei V. a. arzneimittelindu-
zierte Autoimmunhepatitis, zudem bei feh-
lender Besserung oder Verschlechterung der
Werte nach Absetzen der Verdachtssubstanz.
Zu wichtigen Fallstricken bei der Suche nach
anderen Leberleiden zählt die Häufigkeit der
NAFLD (nonalcoholic fatty liver disease, USA
10 bis 46%). Manche Patienten können daran
und an überlagerter DILI leiden. Bei NAFLD
sind die Transaminasen i. d. R. auf das Zwei-
bis Fünffache erhöht, die AP auf das Zwei- bis
Dreifache der Obergrenze. Werte darüber
legen einen anderen oder überlagerten Pro-
zess inkl. DILI nahe. Bei NAFLD können in ca.
20% antinukleäre AK und solche gegen
glatte Muskulatur erhöht sein. Wichtig ist
auch, dass Ferritin ein Akute-Phase-Protein
darstellt und die Werte wegen DILI statt Hä-
mochromatose mäßig erhöht sein können (er-
höhte Werte auch bei NAFLD und Hepatitis C
möglich). Es gibt Hinweise auf Hepatitis E als
Ursache akuter Leberschäden in den USA. Im
UK wiesen sechs von 47 DILI-Verdachtsfällen
Zeichen akuter Hepatitis E auf. Reisen in En-
demiegebiete, Verzehr von Schweinefleisch*
oder Leber (-Produkten), Bluttransfusionen
und Haustiere können Risikofaktoren sein,
nach denen initial gefragt werden sollte.
Die Autoren erörtern Therapie und Prognose
(Mortalität bei Bilirubin über 3 mg/dl mind.
10%; Ikterus-Abklingen in US-Serie je nach
Muster nach im Mittel 38 bzw. 30 Tagen).
*HEV lt. RKI hier auch bei Wildschweinen (endemisch) 

Wie häufig DILI sind, lässt sich schwer sagen. In vier von sechs Studien war Amoxicillin / Clavulansäure die Hauptursache; zu den häufigsten drei Schuldigen zählten Isoniazid und NSAR. Eine Studie erfasste prospektiv eine bevölkerungsbasierte Kohorte in Island (2013); eine weitere aus Frankreich war auch bevölkerungsbasiert (2002). In Island betrug die jährliche DILI-Inzidenz ca. 19,1 pro 100 00 Einwohner, in Frankreich 13,9 (ohne Klinikpatienten, aber mit Paracetamol-Schäden). In den USA wurden prospektiv an fünf Zentren Fälle von idiosynkratischer DILI erfasst. Von 300 Patienten, mittleres Alter 48 Jahre, waren 60% Frauen. Die zwei größten Kategorien stellten antimikrobielle und ZNS-wirksame Substanzen dar. 8% der Betroffenen verstarben, 2% brauchten eine Transplantation. Bei 14% waren die Leberwerte nach sechs Monaten immer noch abnormal.

Daten zu akutem Leberversagen

In einer prospektiven Untersuchung zu akutem Leberversagen in den USA (n = 308) galten 13% der Fälle als idiosynkratische DILI, in 39% war Paracetamol schuld. Von 270 Transplantationen wegen Arzneimitteln in den USA von 1990 bis 2002 waren 49% Paracetamol-bedingt und 51% durch idiosynkratische DILI. Letztere verursachen schätzungsweise 11% aller Fälle von akutem Leberversagen in den USA. In einem US-Register am häufigsten beteiligt war Isoniazid, gefolgt von schwefelhaltigen Antibiotika (Co-trimoxazol), Nitrofurantoin, Antimykotika, Antiepileptika (v. a. Phenytoin) und komplementär-alternative Mittel (11%). Drei Wochen überleben von diesen Patienten ohne Transplantation nur 27%.

Vorhersagbare DILI haben eine kurze Latenzzeit, sind dosisabhängig und der häufigs­-te Typ. Idiosynkratische DILI treten mit längerer / variabler Latenz auf (i. d. R. innerhalb von sechs Monaten, nach Tagen bis zu einem Jahr möglich). Man unterscheidet die Muster hepatitisch (hepatozellulärer Schaden), cholestatisch und gemischt.

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