COVID-19

Praxis-Depesche 9/2022

Telogenes Effluvium als Folge von COVID-19

Bei COVID-19 richtet sich das Hauptaugenmerk auf die pulmonalen und kardiovaskulären Symptome. Dabei kann COVID-19 auch unter die Kopfhaut gehen, wie eine aktuelle Beobachtungsstudie aus dem Iran zeigt.
Das telogene Effluvium (TE), ein diffuser Haarverlust, kann durch fiebrige Erkrankungen, schwere Infektionen und Nährstoffmangel getriggert werden, aber auch als Reaktion auf Stress und Trauma. TE kann zwei bis drei Monate nach dem Auslöser auftreten und reguliert sich normalerweise von selbst. Nichtsdestotrotz ist TE häufig mit großen psychosozialen Einschränkungen und Ängsten verbunden. Einige der genannten TE-Risikofaktoren wie Stress und Infektionsgeschehen kommen im Rahmen der COVID-19-Pandemie gehäuft vor, was sich auch im Auftreten von TE abzeichnet.
In die retrospektive Studie wurden 198 COVID-19-Patient:innen eingeschlossen und deren Krankengeschichten bezüglich dermatologischer Symptome, Haarausfall und Medikamenteneinnahme erfasst.
 
Eine haarige Angelegenheit
138 Personen (davon 60,1 % Frauen) erhielten eine TE-Diagnose. Alter und Geschlecht korrelierten nicht mit der TE-Diagnose, jedoch korrelierte der Haar ausfall signifikant mit dem Vorliegen eines positiven COVID-19-Tests. Die betroffenen Patient:innen hatten vor der COVID-19- Erkrankung noch keine TE-Episode.
Von TE als möglichem Post-COVID-19- Symptom wurde bereits in vorhergehenden kleineren Studien berichtet. Die Gründe für den Haarausfall können vielfältig sein. So könnte z. B. ein Überschuss an Zytokinen den Haarwachstumszyklus beeinflussen und das Haar vorzeitig in die katagene Phase versetzen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich als Folge der COVID-19-Infektion Mikrothromben bilden, welche die Haarfollikel verstopfen und von der Blutversorgung abschneiden. Für die COVID-19-Erkrankung als Auslöser spricht zudem, dass in einer weiteren Studie die TE-Patient:innen normale Ferritin-, Vitamin-B12- und Schilddrüsenhormonspiegel aufwiesen. TE kann aber auch durch COVID-19-Medikamente wie Hydroxychloroquin oder Azithromycin ausgelöst werden.
Die meisten Patient:innen erholen sich vom Haarausfall, jedoch kann die Diagnose viel Unsicherheit und Stress bei den Betroffenen auslösen. Deshalb betont die Autorengruppe, ist es wichtig, dass COVID-19-Patient:innen über Haarausfall als mögliche Begleiterscheinung aufgeklärt werden, um einen unnötigen Schrecken zu vermeiden. AAB
Quelle: Seyfi S et al.: Prevalence of telogen effluvium hair loss in COVID-19 patients and its relationship with disease severity. J Med Life 2022; 15(5): 631-4
ICD-Codes: U07.1

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